In einer Schule kommt es immer mal wieder vor, dass Schülerinnen und Schüler ein Interview aufnehmen sollen. Vielleicht mit externen Personen als Teil einer Gruppen- oder Projektarbeit, vielleicht auch mit anderen Schülerinnen und Schülern als Teil des Lagerrückblicks für den Elternabend, usw.
Entscheidungen
Abhängig von der gewünschten Qualität gibt es verschiedene Entscheidungen, die man schon vor der Aufnahme fällen muss.
Smartphone oder Schulgerät?
Hier stellt sich die Frage, ob man die Smartphones der Schülerinnen und Schüler einsetzt, oder die schuleigenen Geräte (in unserem Fall wären das unsere Surface Pro). Vielleicht gibt es an der Schule ja auch noch weitere Geräte wie einen Camcorder oder eine Spiegelreflexkamera, die sich auch für Videoaufnahmen eignet. Diese Geräte lasse ich hier mal aussen vor.
Mikrofon?
Das eingebaute Mikrofon eignet sich eigentlich nur, wenn sich die sprechenden Personen genügend nahe am Aufnahmegerät befinden und es keine anderen Störgeräusche gibt. Dieser Umstand wird häufig unterschätzt.
Schnitt?
Man sollte sich vorher überlegen, ob man das Interview einfach nur aufnehmen möchte, oder ob man es nach der Aufnahme noch schneiden möchte.
Stativ?
Grundsätzlich sollten Videoaufnahmen möglichst wenig verwackelt sein (ausser es handelt sich um einen beabsichtigten Effekt). Allenfalls kann man ein Stativ verwenden, meist hilft es aber schon, die Schülerinnen und Schüler darauf aufmerksam zu machen.
Mikrofon
Die wichtigste Verbesserungsmöglichkeit für Interviewaufnahmen ist wohl der Ton. Wenn kein externes Mikrofon zur Verfügung steht, sollte man darauf achten, in einem Raum ohne Nebengeräusche und nahe am Gerät aufzunehmen.
Ich habe für einen Kurs an unserer Schule verschiedene Mikrofone zum Testen gekauft und mich auf folgende 3 Typen eingeschränkt:
- Hand- resp. Tischmikrofon
- Lavaliermikrofon
- Richtmikrofon
Hand- resp. Tischmikrofon
Der Nachteil bei einem Handmikrofon ist, dass man es deutlich in der Aufnahme sieht, was aber meiner Meinung nach bei einem Interview nicht stört. Ansonsten hat mich diese Bauform eigentlich am meisten überzeugt.
Für meinen Test habe ich ein günstiges Mikrofon von Speedlink (z.B. bei Microspot oder Digitec) verwendet, bei dem sogar ein kleiner Standfuss für ein Interview an einem Tisch mitgeliefert wird. Für CHF 25.- darf man keine Wunder erwarten, aber die Aufnahmen waren deutlich besser als mit dem eingebauten Mikrofon. Vor allem aber funktioniert eine gute Aufnahme so auch, wenn es viele Umgebungsgeräusche hat. Das von mir verwendete Mikrofon hat einen USB Anschluss, kann also problemlos an eines unserer Surfaces angeschlossen werden. Bei den Smartphones hängt es vom Anschluss ab. Mein Smartphone hat einen USB-C Anschluss. Da benötigte ich noch einen USB auf USB-C Adapter. Ich hatte noch einen bei mir am Lager.
Da gibt es aber auch noch günstigere, kürzere oder längere, je nachdem was man sucht. Das mit dem Mikrofon mitgelieferte Kabel ist eher etwas kurz. Allenfalls müsste man da noch eine USB Verlängerung (z.B. Brack – nicht getestet) haben, oder man kauft direkt ein Mikrofon mit einem längeren Kabel…
Lavaliermikrofon
Ein Lavaliermikrofon wird meist mit einer Klammer z.B. am Hemdkragen festgemacht (darum wird es auch als Ansteckmikrofon bezeichnet).
Der grösste Vorteil eines Lavaliermikrofons ist wohl, dass man die Hände frei hat und dass es in der Aufnahme weniger auffällt als das Handmikrofon. Wenn es nicht gut angebracht ist, kann es zu Störgeräuschen kommen, weil sich z.B. das Kleidungsstück bei einer Körperbewegung mitbewegt.
Für meinen Test habe ich ein Boya BY-LM10 für CHF 21.- eingesetzt (bei Digitec momentan nicht lieferbar, Fotichaeschtli mit teurem Kleinmengenzuschlag bis CHF 75.-). Auch hier gilt, dass man für den Preis wohl keine Wunder erwarten darf.
Richtmikrofon
Ein Richtmikrofon ist (daher der Name) stärker ausgerichtet als ein eingebautes Mikrofon. Grundsätzlich wäre ein Richtmikrofon eine gute Idee, da man keine langen Kabel benötigt und das Mikrofon in der Aufnahme nicht sieht.
In einer lärmigen Umgebung ist es aber nicht die richtige Wahl und in einem ruhigen Raum konnte ich zumindest mit dem von mir verwendeten Saramonic SmartMic für CHF 26.- (z.B. Digitec) keinen nennenswerten Unterschied zum eingebauten Mikrofon erkennen. Wahrscheinlich müsste man da deutlich mehr investieren.
Stativ
Meist wird es wohl genügen, die Schülerinnen und Schüler darauf aufmerksam zu machen, dass die aufgenommenen Bilder möglichst ohne grosse Wackler aufgenommen werden sollten und wie sie das erreichen können. Dabei hilft gleichmässig auf beiden Beinen zu stehen, allenfalls die Ellbogen am Körper abzustützen, ….
Oder man setzt ein Stativ ein. Ich habe mir testweise ein Stativ von Rollei für CHF 32.90 bestellt (digitec oder microspot). Dieses wirkt für den Preis erstaunlich stabil und scheint mir für eine Aufnahme mit dem Smartphone gut geeignet zu sein. Es ist sogar ein Bluetooth Sender zum Auslösen dabei.
Für das Surface habe ich nur das relativ teure Stativ von K&M gefunden (Fust oder digitec oder brack). Dieses verdeckt ausgerechnet die Kamera. Man kann die Frontkamera verwenden, das Surface verkehrt einsetzen (erschwert die Bedienung) oder eine Schraube lösen und die Halterung umstellen. Dann sind die beiden Halterungen oben und nur die eine Halterung unten, was nicht gleich stabil wirkt. Also nicht wirklich eine optimale Lösung.
Anschlüsse
Früher hatten alle Smartphones einen Klinkenstecker für ein Headset. Heute wird manchmal wenigstens noch ein Adapter wie bei meinem Smartphone mitgeliefert.
Aber damit nicht genug. Es gibt auch noch unterschiedliche Klinkenstecker. Sogenannte TRS Stecker haben nur zwei schwarze Ringe und werden z.B. für getrennte Kopfhörer und Mikrofon bei einem Computer eingesetzt. Sogenannte TRRS Stecker haben 3 schwarze Ringe, mit denen sie gleichzeitig die Informationen für Mikrofon und Kopfhörer übertragen können. Es ist also gut möglich, dass ein Mikrofon mit nur 2 Ringen an einem Smartphone oder einem Surface nicht funktioniert. Ausführlichere Informationen finden sich in diesem Blogbeitrag von Judith Steiner. Es existieren Adapter um TRS in TRRS umzuwandeln (fust oder digitec), die ich aber nicht getestet habe.
Beim Mikrofon mit USB Anschluss wird ebenso ein Adapter benötigt, am häufigsten wohl auf USB-C (wie schon oben beschrieben, z.B. bei Digitec) oder auf USB Micro-B (Digitec, nicht getestet) oder auf Lightning (Digitec, nicht getestet).
Apps für die Aufnahme
Der ganze Aufwand nützt natürlich nichts, wenn in der Aufnahme-App nicht auf das externe Mikrofon zugegriffen wird. Bei meinem Test mit der Standard App auf meinem Smartphone wurden die angehängten Mikrofone einwandfrei erkannt. Gemäss Internet muss das aber nicht bei jedem Smartphone so sein. Ich habe probehalber mal die App “Open Camera” für Android getestet. Dort kann man explizit auswählen, mit welchem Mikrofon man aufnehmen möchte.
Auch beim Surface wird beim Einstecken automatisch auf das externe Mikrofon umgestellt. Man kann dies bei den Einstellungen unter “System” –> “Sound” –> “Eingabe” überprüfen und wenn gewünscht auch umstellen. Zum Aufzeichnen eignet sich die mitgelieferte App “Kamera”.
Schnitt
Oft wird ein Interview wohl einfach linear aufgezeichnet. Wenn das Ganze noch professioneller aussehen soll, kommt man wohl nicht umhin, die Aufnahme zu schneiden. Dies bedeutet aber, dass man schon bei der Aufnahme für weitere Szenen sorgen muss. Eine gute Möglichkeit wäre, mit zwei Smartphones zu filmen. Eines auf dem Stativ mit angeschlossenem Mikrofon und mit dem zweiten verschiedene Nahaufnahmen oder andere Einstellungen, um diese dann dazwischen zu schneiden. Zum Schneiden würde ich entweder die bei Windows 10 enthaltene App “Video-Editor” oder wenn es anspruchsvoller sein soll, das Programm Shotcut empfehlen. Shotcut ist gratis für Linux, macOS und Windows. Bei uns ist es als Grundausstattung auf allen Computern bereits installiert. Eine Anleitung zu Videoschnitt würde diesen Beitrag sprengen, ist aber bereits geplant.
AppCamps
Mit geeigneten Apps ist es auch möglich, direkt auf dem Smartphone zu schneiden. Eine sehr empfehlenswerte Anleitung dazu findet man auf AppCamps. Diese wurde in Zusammenarbeit mit einem Videoreporter für den Spiegel erstellt. Falls man den Schnitt lieber auf dem Computer als auf dem Smartphone durchführt, würde ich die Anleitung trotzdem empfehlen. Die Informationen zu Planung, Vorbereitung und Aufnahme sind sehr informativ und professionell.