WhatsApp und Co in der Schule

Ich wurde auf den Artikel “Lehrer informieren Schüler über WhatsApp” von 20min aufmerksam gemacht. Immer wieder hört man, dass an Schulen Lehrpersonen mit den Schüler/-innen über öffentliche soziale Netzwerke wie WhatsApp oder Facebook kommunizieren. Persönlich habe ich da meine Bedenken.

Am schweizerischen ECDL Informationstag 2013 hat Damien O’Sullivan, CEO der ECDL Foundation Dublin, einen spannenden Gedanken formuliert. In westlichen Ländern gibt es bald keinen “digital Divide” mehr, es haben (beinahe) alle Zugang zu einem Computer (oder Smartphone, Tablet, …), es haben (beinahe) alle Zugang zum Internet etc. Was aber immer mehr zum tragen kommt, sind die digitalen “Skills”, also Fähigkeiten und Fertigkeiten. Wenn nun also (fast) alle zuhause auf dem Tablet ein Buch lesen, im Internet surfen und den Fahrplan der SBB öffnen können, heisst das noch lange nicht, dass sie die Skills mitbringen, die im Arbeitsleben gebraucht werden, eben beispielsweise eine Tabellenkalkulation kompetent zu benutzen. Natürlich bin ich mir bewusst, dass dieser Gedanke perfektes Marketing für ECDL ist. Trotzdem hat der Gedanke etwas.

Was bedeutet das für die Schule? Meiner Meinung nach sollte die Schule kompetente und professionelle Benutzer ausbilden. Daher begrüsse ich es, wenn in der Schule neben kreativen Aufgaben auch über Datenschutz und IT-Sicherheit gesprochen wird (vgl. auch diesen Beitrag). Daher begrüsse ich auch, wenn in der Schule versucht wird, den Computer oder die Informatik zu verstehen und nicht nur zu gebrauchen. Aus diesen Grund finde ich es auch sinnvoll, wenn in der Schule einfache Programmieraufgaben gelöst werden. Dazu muss nicht jeder Schüler ein professioneller Programmierer werden, aber mit sehr einfachen Mitteln und geeigneten Programmen wie Logo oder Scratch werden Kenntnisse vermittelt, wie Computer funktionieren (und damit auch die Fähigkeit, besser abzuschätzen, wo Chancen aber auch Gefahren liegen). Daher begrüsse ich es auch, dass wir auf der Oberstufe einen Freifachkurs anbieten, bei dem die Schüler/-innen mit Lego Mindstorms Roboter programmieren.   

Sollen nun Schulen mit Facebook, WhatsApp und ähnlichen Diensten arbeiten, einfach weil die Schüler/-innen sich “sowieso dort bewegen”? Meiner Meinung nach wäre es besser den Schüler/-innen aufzuzeigen, welche Tools man für welchen Zweck braucht. Mit WhatsApp kann ich auch später im Arbeitsleben perfekt das Wochenende mit meinen Freunden planen. Da kann man dann selber entscheiden, welche Daten man einem Dienst, der in der Vergangenheit immer wieder durch Meldungen wegen fehlender Sicherheit auffiel, anvertraut. Solche Dienste müssen irgendwann richtiges Geld verdienen und ändern auch plötzlich mal ihr Geschäftsmodell. Was passiert dann mit meinen bereits übertragenen Daten? Im Arbeitsleben wird kaum ein Arbeitgeber auf einen solchen Dienst setzen. Wieso sollte die Schule? Vielleicht hätte die im Artikel erwähnte Schule besser aufgezeigt, wie einfach es ist, den Schulmailaccount über das Smartphone abzurufen, wenn die Schüler/-innen die Mails nicht lesen. Dort steht keine Firma dahinter, deren langfristige Absichten man nicht kennt. Mails zwischen Lehrern und Schülern werden nur auf dem Mailserver verschoben und verschlüsselt auf das Smartphone abgerufen. Und dies ist ein Ablauf, der einem auch im Berufsleben begegnen kann.

Meiner Meinung nach müsste die Schule also einen professionellen Umgang mit Informatik vermitteln, statt sich den Schüler/-innen anzubiedern. So ist z.B. Educanet2 lange nicht so attraktiv und intuitiv wie andere Cloudanbieter. Aber vielleicht macht es Sinn der Schüler/-innen aufzuzeigen, wieso man diesen Dienst verwendet. Vielleicht verstehen sie dann als Arbeitnehmer auch besser, wieso die Firma die Terminplanung nicht über WhatsApp abwickelt.

Und vielleicht bin ich auch nur ein Ewiggestriger, der die Zeichen der Zeit nicht versteht….

4 Gedanken zu „WhatsApp und Co in der Schule

  1. dissidentch

    kann es sein, dass einerseits lehrpersonen sehr sensible daten bei educanet lagern und andererseits die daten der schülerInnen auf whatsapp belanglos sind? wer entscheidet, dass educanet sicherer ist?

    Antwort
    1. ictschule Autor

      Ich denke nicht, dass die Daten auf Educanet2 in einem technischen Kontext sicherer sind (obwohl WhatsApp bisher nicht gerade als sicherheitsbewusst aufgetreten ist: http://de.wikipedia.org/wiki/WhatsApp#Sicherheit.2FKritik).
      Aber Educanet2 bekommt sein Geld für den Betrieb vom Bund. Bei vielen social communities sieht es anders aus. Oft sind die veröffentlichten Daten wie bei Facebook das eigentliche Kapital. Bei WhatsApp bezahlt man neu für die App. Ich habe aber die AGB nie so genau gelesen, dass ich mir sicher bin, ob meine Daten nicht irgendwann doch anders verwendet werden. Und immerhin werden die „Telefonbücher aller Nutzer“ zentral gespeichert.
      Aber auch bei Educanet2 ist es mir nicht wohl „sehr sensible Daten“ zu speichern, dafür haben wir eigene Server (wobei man auch hier darüber streiten kann, wie sicher diese sind).
      Die Frage bleibt: Wer entscheidet, dass Educanet2 sicherer ist? Die Schule sollte das entscheiden. Aber erst nach gründlicher Abwägung auch solcher Überlegungen. Ich meine einfach, zu beobachten, dass in der Schule im Gegensatz zu vielen Firmen immer wieder Überlegungen zu Sicherheit ausgeblendet werden. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.

      Antwort
  2. Paolo Pollini

    Als Verantwortlicher von educanet2 kann ich Ihnen punkto „technischen Kontext“ nur beipflichten. Eine absolute Sicherheit kann kein Anbieter gewährleisten. Sehr sensible Daten sollten nicht über das Internet erreichbar sein. Was bei uns sicher ist: Wir geben keine Daten weiter und halten uns an das CH-Datenschutzgesetz. Alle USA-Anbieter tun dies nicht und haben auch keine Absicht es zu tun. Eine Schule muss, wenn sie ein Cloudangebot wie z.B. dropbox, das Einhalten des CH-Datenschutzgesetz gewährleisten. Konkret heisst dies, dass u.a. sie einen entsprechenden Vertrag mit dem Anbieter schliessen muss.
    Übrigens: Bitte sichere Passwörter verwenden, dies trägt zur Sicherheit einer Plattform bei.

    Freundliche Grüsse aus bern

    Antwort

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